Kommt ein Wanderer des Wegs

Cover mit Hund Feldmann


Die Vorstellung des Daumenkinographen Volker Gerling hat mich auf wundersame Weise in die Achtzigerjahre zurückgeschickt. Wenngleich es künstlerisch keine Überschneidungen gibt, so ist doch das Wandern über die Langstrecke als Selbsterfahrung und vor allem das Zwischenmenschliche des Projekts recht verwandt mit dem, was Michael Holzach im Jahr 1980 unternahm.

mehr …

„Daumenkinographie“

„Mädchen mit langem und kurzem Haar“¹


Manchmal ist es von Vorteil, wenn die Erwartungshaltung nicht groß oder, besser gesagt, nicht sehr präzise ist. Meine Freundin Monika hatte mich in die Pasinger Fabrik gelockt, weil sie den Künstler hier mit seiner Performance schon mal erlebt hatte und völlig begeistert war. Ich wusste also aus ihrer Erzählung schon einmal grundsätzlich Bescheid, hatte aber keine rechte Vorstellung, was tatsächlich passieren würde. Und das war gut so. Übrigens habe ich auch gezögert, an dieser Stelle ein Video einzubetten. Ich kann versichern, dass es sehr viel schöner ist, die Sache live zu erleben. Und zwar als Teil eines Publikums, das sich gemeinsam die Zeit nimmt, um den Augenblick zu genießen. Denn darum geht’s. Gerling fotografiert den Augenblick, zerlegt in 36 Bilder.

mehr …

Die Macht der spitzen Feder

Bildquelle Wikipedia


Zugegeben, bevor mir der unten verlinkte Podcast zu Ohren kam, war mir dieser famose Zeichner nicht wirklich ein Begriff. Ich bin dann aber immer wieder überrascht und froh, wenn ich Belege dafür finde, dass Künstler, Grafiker, also Menschen, die man normalerweise nicht nach ihrer Meinung fragt, einen Einfluss auf den Lauf der Welt haben. Thomas Nast (1840-1902) war so einer. Der deutsch-amerikanische Karikaturist hatte im 19. Jahrhundert großen Einfluss auf die politische Kultur der Vereinigten Staaten. Geboren im bayerischen Landau und als Kind nach New York ausgewandert, machte Nast sich während des Amerikanischen Bürgerkriegs und der folgenden Jahrzehnte als Zeichner für das Magazin Harper’s Weekly einen Namen. Seine scharfsinnigen, oft schonungslosen Karikaturen machten ihn zum „Vater der amerikanischen politischen Karikatur“.

mehr …

Stolz und Vorurteil (III)

Der stolze David – Verkörperung der Republik



Die Weltgeschichte in ihren denkwürdigen Zyklen zu bewerten, ist verlockend. Man glaubt dabei, schnell ein Muster zu erkennen und daraus Erkenntnisse für die Zukunft zu gewinnen. Nehmen wir nur den im vorherigen Eintrag behandelten Ausstellungsbesuch: Schon taucht man ein in die Sphäre des Römischen Imperiums und reflektiert dessen schleichenden Niedergang. Im aktuell eher trübsinnigen Gemütszustand ereilt mich da schnell die Furcht, in einer sehr ähnlichen, dekadenten Zeitblase zu schwimmen, wo eine vermeintlich mächtige, sehr gut aufgestellte Hochkultur sich mit Intrigen und Selbstgefälligkeit ahnungslos in strukturelle Gefahr begibt.

mehr …

Stolz und Vorurteil (II)

Das Römische als Leitkultur


„Wie leicht ist es, jede lästige Vorstellung von sich zu weisen und wegzuwischen, wenn sie uns nichts angeht, und sofort wieder völlig beruhigt zu sein.“ – Marc Aurel, Selbstbetrachtungen



Vor Kurzem besuchten wir im Rheinischen Landesmuseum zu Trier eine passable Ausstellung über Marc Aurel. Der hat sich zwar zeitlebens nie in „Augusta Treverorum“ blicken lassen, aber die deutschen Römerstädte haben schließlich freie Hand in ihrem Stadtmarketing. Und Marc Aurel ist eben populär, der Philosophenkaiser und Stoiker mit einem Standardwerk voller Spruchweisheiten. Das Publikum scheint mit entspannter Aufmerksamkeit das römische Gesellschaftsleben zu studieren, die Wohlfahrt und Harmonie unter der Regierung eines wohlwollenden und gerechten Kaisers. Ach, wie war doch alles in bester Ordnung. Eine prosperierende Hochkultur für alle. Ein Segen, dass dieses römische Erbe in uns genetisch verankert ist. Und zum Glück – auch das ist Teil der römischen DNA – schauen wir uns von anderen Kulturen der Welt zusätzlich noch vieles ab.¹

mehr …

Stolz und Vorurteil (I)

Foto: AdobeStock


Mein Blog scheint mitunter etwas widersprüchlich, was wohl in der lebhaften Natur der schönen Künste liegt. Einerseits empfinde ich diese bunte Parallelwelt als großes Glück, andererseits geht mir der selbstverliebte Kulturbetrieb dann doch wieder auf den Geist und ich geniere mich, dass ich nichts „Vernünftiges“ mache. Ein Künstlerkollege geht sogar so weit, dass er sein Metier bei neuen gesellschaftlichen Kontakten erst mal verleugnet, und obwohl er einen löblichen Abschluss der Münchner Kunstakademie vorzuweisen hat, antwortet er auf die Frage nach seinem Beruf sehr vage. Zuweilen behauptet er sogar, er arbeite bei Lidl. Und sei es nur, damit ihm kein leutseliger Dilettant die Belegfotos des eigenen Gepinsels stolz auf dem Smartphone vorführt. Also noch ein Dilemma, man ist gleichzeitig verschämt und arrogant.

mehr …

Drive My Car

Alter Volvo auf der Rheinfähre mit Drachenfels


Man bildet sich eine Meinung über die progressive Welt im Allgemeinen stets in Bezug auf die eigenen Bedürfnisse im Speziellen. Und geht seinen Ansichten dennoch selten auf den Grund, meistens nur gezwungenermaßen, also im konkreten Fall, wenn etwas kaputtgeht, das man nötiger hat, als man sich eingestehen will – beispielsweise ein Auto. Auch wenn man einen völligen Verzicht in der Theorie nie kategorisch ausschließt, weil Verzichtserklärungen im modernen Sprachgebrauch gerne mal als kokette Floskel der Selbstlosigkeit eingestreut werden.

mehr …

„Mein Kopf ist ein zwitscherndes Vogelnest“


Das zierliche Kunstwerk oben im Bild habe ich letztes Jahr beim Heckenschneiden gefunden und wie ein Exponat aufgehoben. Da war die Brutzeit längst passé, wir achten da sehr drauf, dass hier kein Piepmatz in der Schonzeit zu Schaden kommt. Die neue Generation ist also längst flügge und die verlassene Kinderstube ist somit für den Kunstbetrieb freigegeben. Und während ich mich über dieses geschnäbelte Symbolobjekt eines sich reproduzierenden Familienlebens freue, verheddern sich meine Gedanken beim eintönigen Gartengeschnippel ins Wörtergespinst des „Wintermärchens“, hangeln sich rund um diesen einen Vers mit der fröhlich-trotzigen Metapher:



„Und viele Bücher trag ich im Kopf! / Ich darf es euch versichern,
Mein Kopf ist ein zwitscherndes Vogelnest / Von konfiszierlichen Büchern.“


mehr …

Schein, Sein und Design

„Alles vergeht“, … sagt das Spieglein an der Wand.


Wenn die Wahrnehmung kippt, kippt auch die Stimmung. Dann dauert es eine Weile, bis man zu seiner wohltemperierten Laune zurückfindet. Auch – oder vielleicht sogar insbesondere – der künstlerische Hallodri ist sich oft genug des Ernstes der Lage bewusst. Neulich hätte ich mein Leben beinahe leichtfertig und abrupt beendet. Ist aber nix passiert. Anstatt als Radfahrer unter die Räder eines Lastwagens zu geraten, landete ich ersatzweise in einer staubigen Hecke. Solange mich meine geprellte Hand noch wehleidig daran erinnert, bin ich mir meines Glücks täglich bewusst.

mehr …

Münchhausens Geburtstag

Footage: AdobeStock


Heute hätte der Baron von Münchhausen Geburtstag und weil ich in letzter Zeit mit rollenden Kugeln beschäftigt war, fällt mir spontan eine Szene aus diesem Ufa-Film mit Hans Albers ein, der einige patzige Anspielungen hat, was gar nicht so auffällt, weil man hinter der Nazi-Propaganda bestimmt keinen oppositionellen Geist vermutet. Allerdings hatte das Drehbuch ein Erich Kästner verfasst und der war geübt darin, mehrdeutige Texte abzuliefern. An einer Stelle philosophiert der Baron über Billiard², aus der Perspektive der Kugel, die keine Ahnung hat, was mit ihr passiert:

mehr …