Countdown – As SLow aS Possible


Das Jahr ist vorbei. Kurz vor Redaktionsschluss fällt mir noch einiges aus der „Fließenden Welt“ ein, schwappt noch rüber ins neue Jahr, vor allem dieser Fluxus-Kram. Unser scheidender Kanzler würde wohl „Tünkram“ dazu sagen. Für mich ist genau das noch ein wichtiger Puzzlestein, der zeigt, wie Kunst und Kultur dynamisch in Bewegung bleibt. Letztlich erklärt sich vieles von selbst, wenn man sich an den Grund für künstlerisches Wirken erinnert: Kunst macht man, weil es einen drängt, seiner Fantasie nachzugehen, im Idealfall, weil man sein vermeintlich zweckloses Tun genießt. Auf diesen einfachen Nenner gebracht, sind sich die Menschen auf der ganzen Welt doch sehr ähnlich. Und darum sind auch über die Jahrhunderte und die Kontinente hinweg die Geister in eigener Mission unterwegs und, wenn’s gut läuft, im friedlichen Austausch. Die Avantgarde vorneweg.

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Hokusai und der heilige Berg Fuji

Bildquelle WikimediaCommons


„Schon mit sechs Jahren war ich davon besessen, die Form der Dinge zu skizzieren. Nach meinem 50. Lebensjahr machte ich eine Reihe von Grafiken, aber alles, was ich vor meinem 70. produziert habe, ist der Rede nicht wert. Im Alter von 73 lernte ich schließlich etwas über die wahre Natur von Tieren, Insekten, Fischen und über das Wesen der Pflanzen und Bäume. Deshalb werde ich im Alter von 86 wohl mehr und mehr Fortschritte erzielt haben, mit 90 werde ich dann noch tiefer in die Bedeutung der Kunst eingestiegen sein. Im Alter von 100 werde ich einen exzellenten Rang erreicht haben, und mit 110 werden jeder Punkt, jede Linie ein eigenes Leben haben. Ich hoffe nur, dass einige Leute so alt werden, um den Wahrheitsgehalt meiner Worte zu erkennen.“ – Hokusai, japanischer Grafiker


Katsushika Hokusai, wurde in der Tat knapp 89 Jahre alt, was zu seiner Zeit eine bemerkenswerte Leistung ist. Japans Weltstar unter den Malern und Grafikern, geboren 1760 in Edo (Tokyo), war also an der Grenze zu seinem 70. Lebensjahr, als er zwischen 1830-31 die Welle von Kanawaga schuf – demnach kann man aus seiner Einschätzung dieses Werk in seiner Qualität gelten lassen.

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Lee Miller, Photographer, 1907-1977

Quelle Wikimedia Commons


Lee Miller taucht in der Kunstgeschichte zuerst am Rande auf, als Model, Muse, Gefährtin und Assistentin von Man Ray, steht wie manche andere Frau im Schatten einer männlichen Berühmtheit. Allerdings verfügt Lee Miller neben ihrer Begabung als Fotografin und Texterin zusätzlich über eine absolut erstaunliche Antriebskraft und innere Unruhe, die sie einerseits in höchste Gefahr bringt, letztlich aber zu einer der wichtigsten Journalistinnen im Weltkrieg II macht. Lee Miller durchmisst mit ihrem jungen künstlerischen Leben das gesamte Spektrum von Kunst, Boheme und mondäner Modewelt bis tief in das grauenhafteste Szenario des Krieges.

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Die Theorie der Dummheit

KI-Foto: AdobeStock


„Nichts gibt so sehr das Gefühl der Unendlichkeit als wie die Dummheit“, so Ödön von Horváth in der Einleitung zu seinen berühmten „Geschichten aus dem Wiener Wald“. Der österreichisch-ungarische Literat verstand Dummheit als Stumpfheit und narzisstische Kommunikationsstörung, die sich in selbstgefälligen Phrasen und absurder Logik mitteilt. Man würde sich wünschen, so schlimm wie zu Horváths Zeit wäre es heute nicht mehr – leider ist es viel schlimmer.

Am Ende bekommt jedes Volk die Regierung, die es verdient, heißt es zynisch. In Demokratien stellt sich derzeit die Frage, wer das Volk vor sich selbst oder zumindest die eine Hälfte vor der anderen in Schutz nimmt, oder abstrakter formuliert, wer ein auf Freiheit, Gleichheit und Solidarität angelegtes Gesellschaftssystem vor groben Missbräuchen bewahrt. Nun haben sich in den USA die größten Kotzbrocken an die Spitze dieser übergeschnappten Maga-Bewegung gesetzt und das Volk ist im Freudentaumel. Wie konnte man diese eklatante Rückständigkeit nur übersehen?

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Flatliners – dem Himmel so nah?

Ausschnitt – Bildquelle WikimediaCommons


Als römisch-katholischer Knirps war man gewohnt, an Allerheiligen oder Allerseelen mit der Familie auf den Dorffriedhof zu gehen, stets im Dunkeln, wegen der Lichterromantik, und zudem in Vorfreude auf den heiteren Laternenumzug zwei Wochen später zu St. Martin. Wenn ich heute vom Münchner Westfriedhof komme, dann scheint die Welt doch eher beklemmend und so reproduziere ich ganz gerne etwas von der naiven Nestwärme aus der Kindheit, was immer gut ist für die schwachen Nerven eines lebenserfahrenen Erwachsenen. Der begleitende Atheismus wird daneben zunehmend trostloser und wohl auch darum gibt es in letzter Zeit immer mehr jene publizistischen Versuche, für ein „Leben“ nach dem Tod eine wissenschaftliche Perspektive anzubieten.

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A quick brown fox …


Meine beruflichen Erfahrungen vor, während und nach dem Studium waren geprägt von einer oft hektischen Arbeitsteilung. Im Workflow einer Werbeagentur der 80er und 90er Jahre trieben sich die Konzeptioner, Layouter, Reinzeichner, Retuscheure, Fotografen, Fotosetzer, Lithografen, Andrucker, Offsetmonteuere, und zuletzt die Drucker gegenseitig an, um in immer kürzerer Zeit „die Kuh vom Eis zu ziehen“. Ein Hühnerhaufen, in dem der eine den anderen unter Druck setzte und zum Teil auch recht abschätzig beurteilte. Der als blasiert eingestufte Grafiker kam am schlechtesten weg.

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Tom Rücker, Senior AD

TR, mein Lieblingschef von 1985-87


Vor 10 Jahren ist mein erster Agenturchef Tom Rücker gestorben, ohne dass ich es mitbekommen habe – traurig. Das genaue Datum ist mir unbekannt. Am 19. August 2014 war in der Augsburger Allgemeinen davon zu lesen, im kurzen Nachruf leider nur ein paar Belanglosigkeiten. Man bemühte sich, das künstlerische Werk zu sortieren, dabei war Tom Rücker die meiste Zeit seines Lebens ein genialer Kommunikationsdesigner, ein virtuoser Cartoonist und Inhaber mehrerer Werbeagenturen. In drei davon, jeweils mit Unterbrechungen, war ich mit von der Partie.

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Meine Welt und die KI


„Wenn du in den Seilen hängst, dann schaukele erstmal ausgiebig.“
Autor*in unbekannt, sagt ChatGPT



Neue Begriffe wie jetzt „KI“ poppen auf einmal überall auf, wenngleich sich dahinter längst vertraute Prozesse etabliert haben. Medienprofis sind daran gewöhnt und üben sich in Selbstbeherrschung, wohl aber werden sie von außen beäugt oder danach befragt, ob sie sich jetzt Sorgen machen, über kurz oder lang durch einen smarten Algorithmus ersetzt zu werden. Ich will nicht arrogant klingen, aber die nächsten Jahre fühle ich mich absolut sicher. Außerdem ist unsereins selbst stets auf der Lauer. Im Miltär nennt man das einen „vorgeschobenen Beobachter“, kurz VB. Hier zeigt sich aber auch die Ambivalenz, denn ein VB wagt sich auf feindliches Gelände und lebt naturgemäß gefährlich. Seine letzte Meldung zeugt oft von Arglosigkeit, … bevor dann die Verbindung abreißt.

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YES WE KAM

Bildquelle Kamela-Poster by The Little Lord


Über Nacht rollt das neue Merchandising an und jetzt zeigen die Amis mal wieder, was sie in PR und Werbung so drauf haben! Wird nicht lange dauern, dass jemand behauptet, das sei alles so geplant gewesen … Meine Güte, es könnte also doch noch klappen, diesen gefährlichen Idioten ein für allemal loszuwerden. Die Zeichen stehen plötzlich ganz anders und vielleicht gibt es ja doch noch einen Kennedy-Move. Irgendwie habe ich kein schlechtes Gefühl mehr ;-)

Good Luck America!

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Keine Panik – willkommen im Chaos!


Alles nicht so einfach: das Universum, das Leben und der ganze Rest sind kompliziert. Auch wenn wir als Designer*innen stets bemüht sind, alles so einfach wie möglich zu halten oder darzustellen, damit jeder gut zurechtkommt und Gefallen findet an der kommerziellen Wirklichkeit. Tatsache ist, die Dinge werden immer verzwickter. Zudem wird die Welt nicht besser – auch das steht fest – und die Aussicht, dass diese Katastrophenwelt in Donald Trump im Jahr 2025 ein repräsentatives Oberhaupt findet, ist eine zynische Metapher, wie sie nur das gefühlskalte Leben selbst hervorbringen kann. Amerika, auf das man sich noch leidlich verlassen konnte, hat's wohl endgültig vermasselt.

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