Kommt ein Wanderer des Wegs

Cover mit Hund Feldmann


Die Vorstellung des Daumenkinographen Volker Gerling hat mich auf wundersame Weise in die Achtzigerjahre zurückgeschickt. Wenngleich es künstlerisch keine Überschneidungen gibt, so ist doch das Wandern über die Langstrecke als Selbsterfahrung und vor allem das Zwischenmenschliche des Projekts recht verwandt mit dem, was Michael Holzach im Jahr 1980 unternahm.

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„Mein Kopf ist ein zwitscherndes Vogelnest“


Das zierliche Kunstwerk oben im Bild habe ich letztes Jahr beim Heckenschneiden gefunden und wie ein Exponat aufgehoben. Da war die Brutzeit längst passé, wir achten da sehr drauf, dass hier kein Piepmatz in der Schonzeit zu Schaden kommt. Die neue Generation ist also längst flügge und die verlassene Kinderstube ist somit für den Kunstbetrieb freigegeben. Und während ich mich über dieses geschnäbelte Symbolobjekt eines sich reproduzierenden Familienlebens freue, verheddern sich meine Gedanken beim eintönigen Gartengeschnippel ins Wörtergespinst des „Wintermärchens“, hangeln sich rund um diesen einen Vers mit der fröhlich-trotzigen Metapher:



„Und viele Bücher trag ich im Kopf! / Ich darf es euch versichern,
Mein Kopf ist ein zwitscherndes Vogelnest / Von konfiszierlichen Büchern.“


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Fußball als Realitätsmodell?

Foto: AdobeStock


Im Gegensatz zum Soziologen Klaus Theweleit, der in seinem klugen Essay „Tor zur Welt – Fußball als Realitätsmodell“, den Fußball als gesellschaftliche Referenz in seinem Leben beschreibt, ist dieser Sport für mich mit dem Erwachsenwerden kein ideeller Bezugspunkt geblieben. Das teils manische Gehabe der Ultras, die absurden Millionengagen der Spieler, überhaupt der durchlizenzierte bis mafiöse Markt erschienen mir nicht gerade bewundernswert. Axel Hacke hat in seinem empathischen Buch „Fußballgefühle“ erklärt, dass er den Begriff Fußballfan gerne ersetzt durch den alten Begriff seiner (und meiner) Jugend. Damals hieß es einfach Fußballfreund, der hat nicht diese bescheuerte Tifosi-Aura und so steht es auch mehrfach in meinem alten Album.

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Matchball – wie der Zufall so spielt

Fotovorlage: AdobeStock


Rote Asche und der heilige Rasen von Wembley

Zwar sind 1966 schon längst die modernen schwarz-weißen Bälle im Einsatz, weil das Design mit sechseckigen und fünfeckigen Patches für die SW-Fernsehübertragungen deutlich besser ist. Doch England, das Mutterland des Fußballs, besteht bei seiner WM noch auf den klassischen, braunen Lederball. Einen echten, genähten Fußball mit Gummiblase hat kaum einer von uns Jungs. Deshalb bin ich sehr stolz, als ich dieses englische Teil geschenkt bekomme. Allerdings ist der Ascheplatz eher schädlich, die schöne Oberfläche ist schnell zerschrakelt. Und dann hat man auch die Angewohnheit sich in Spielpausen draufzusetzen. Danach eiert das Ding und lässt sich nie wieder in Form bringen. Die Liebe zum Fußball ist also objektfixiert und selbst ein „Legionär“ wie Haller wird in der Not zum kleinen Jungen, der in kindlichem Instinkt seinen Ball mit nach Hause nimmt.

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Das Album 65/66



Wie gesagt, einiges lässt sich zur Not aus dem eBay-Backup wiederherstellen. In der Sammlerszene werden zum Teil verrückte Preise verlangt, bei diesem günstigen Angebot konnte ich nicht nein sagen. Und meine fußballgeprägten Söhne sind beeindruckt, vor allem davon, dass der FC Bayern und Gladbach als Aufsteiger gelistet sind. Verrückt, wie genau man sich an manche Figuren und Gesichter erinnert, obwohl das alles wohl ohne jeden Nutzen im Hirn archiviert wurde. Und so bastele ich mir diese Galerie hauptsächlich zum nutzlosen, eigenen Plaisir. Alles in allem ein charmanter Vintage-Look, Papier und nachgedunkelter Klebstoff sind immerhin 50 Jahre alt.

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Souvenirs 65/66

Foto: IMAGO / Horstmüller


Gerade, wenn der Moment so gar nichts Tröstliches bietet, dann greift man gerne reflexhaft nach einem positiv aufgeladenen Relikt. Dazu oben im Bild eine beispielhafte Situation. Der Mann mit der Nummer 8 ist Helmut Haller. Er hat gerade gegen England ein sehr berühmtes WM-Finale verloren und erwidert nun respektvoll den Handshake der strahlenden Queen. Vorher hat er sich den Spielball geschnappt, den er als Souvenir nicht mehr hergeben wird. Schwacher Trost?

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Jugendstil – Made in Munich

In der Ausstellung am 2. Weihnachtstag 2024


Gelegentlich muss man sich im Design für den flüchtigen Wert von Schönheit rechtfertigen, weil der Begriff als beliebig und geschmacksabhängig gilt und ungern als logisches Argument akzeptiert wird. Ich habe zu diesem Thema sogar eine extra Landingpage verfasst, um nach Bedarf selbst nachlesen zu können, sollte ich doch noch an der Sache zweifeln. Und in der Tat stellt mich der Jugendstil auf eine Probe, wenn ich durch die aktuelle Ausstellung gehe und fürchte, dass hier wieder einmal alles zu schön ist, um wahr (gewesen) zu sein. Ich habe mich oft gefragt, ob dieses Misstrauen vielleicht damit zusammenhängt, dass man die wunderbare Kunst des Jugendstils nicht losgelöst sehen kann, von dem was zeitlich danach passiert, wenn der schöne Traum platzt.

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Tom Rücker, Senior AD

TR, mein Lieblingschef von 1985-87, Foto: Anne Rücker


Vor 10 Jahren ist mein erster Agenturchef Tom Rücker gestorben, ohne dass ich es mitbekommen habe – traurig. Das genaue Datum ist mir unbekannt. Am 19. August 2014 war in der Augsburger Allgemeinen davon zu lesen, im kurzen Nachruf leider nur ein paar Belanglosigkeiten. Man bemühte sich, das künstlerische Werk zu sortieren, dabei war Tom Rücker die meiste Zeit seines Lebens ein genialer Kommunikationsdesigner, ein virtuoser Cartoonist und Inhaber mehrerer Werbeagenturen. In drei davon, jeweils mit Unterbrechungen, war ich mit von der Partie.

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Keine Panik – willkommen im Chaos!


Alles nicht so einfach: das Universum, das Leben und der ganze Rest sind kompliziert. Auch wenn wir als Designer*innen stets bemüht sind, alles so einfach wie möglich zu halten oder darzustellen, damit jeder gut zurechtkommt und Gefallen findet an der kommerziellen Wirklichkeit. Tatsache ist, die Dinge werden immer verzwickter. Zudem wird die Welt nicht besser – auch das steht fest – und die Aussicht, dass diese Katastrophenwelt in Donald Trump im Jahr 2025 ein repräsentatives Oberhaupt findet, ist eine zynische Metapher, wie sie nur das gefühlskalte Leben selbst hervorbringen kann. Amerika, auf das man sich noch leidlich verlassen konnte, hat's wohl endgültig vermasselt.

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Liverbird – You'll Never Walk Alone

Illustration: Titus Dannhöfer


Ein letztes Fabeltier darf nicht fehlen: Der Liverbird! [ˈlaɪvər bɜrd] wird komischerweise „Laiverbörd“ ausgesprochen, also nicht wie im Stadtnamen Liverpool. Anfangs halte ich diesen mythischen Vogel noch für eine Art Phönix. Seit der Erfindung des Internets bin ich schlauer. Der Liverbird ist ein Mischwesen aus Kormoran und Adler, hat seine Wurzeln in der Seefahrtsgeschichte Liverpools und steht für Schutz und Wohlstand. Seit dem 13. Jahrhundert ziert er das Wappen der Stadt.

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