Das moralische Gesetz in uns

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Wem Trumps Thronbesteigung verständlicherweise die Sprache verschlagen hat, sollte sich langsam aber sicher aus der Schockstarre lösen, denn in naher Zukunft wird unsere ganze Aufmerksamkeit verlangt. Ein leises Gemaule reicht nicht gegen die vorlauten Dumpfbacken, die sich gesucht und nun gefunden haben, ab sofort aber von uns kräftigen Gegenwind spüren müssen. Egal, wie altklug sich das jetzt anhört: es geht um nichts weniger, als um die Ideale der Aufklärung und unsere moralischen Verpflichtungen. Die Meisten langweilt vielleicht der philosophische Überbau unseres Systems, aber ohne den können wir einpacken. Durch weltferne Ignoranz riskieren wir leichtfertig den Verlust unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung.

Woran liegt es, wenn die Leute nachlässig mit den Chancen unserer Zeit umgehen? Es sind so entsetzlich viele, die ihre Selbstverantwortung abtreten, ihr Schicksal bereitwillig und blödsinnig in fremde Hände legen. Und jedem Rattenfänger folgen, wenn er sie nur mit billigem Populismus anfixt. Aber jemand, der etwas anbietet, scheinbar ohne eine Gegenleistung zu erwarten, kann nichts Gutes im Schilde führen, das sagt uns der gesunde Menschenverstand, da muss man nicht die Kant'schen Hauptwerke gelesen haben.

Was also kann ich wissen? Was soll ich tun? Was darf ich hoffen?

Die faire Zivilgesellschaft macht im Idealfall gemeinsam Pläne und erbringt auch gemeinsam eine Leistung, jedes Individuum im Rahmen seiner Möglichkeiten. Ein vernünftiges und moralisch anständiges Prinzip. Großspurige Wahlversprechen allerdings vernebeln den demokratischen Geist. Wer als Politiker vom Volk nichts verlangt, sondern jovial als Weihnachtsmann auftritt, begeht einen fatalen Erziehungsfehler und fordert unter Umständen asoziale Verhaltensweisen heraus. Schon lauert sie wieder, die selbstverschuldete Unmündigkeit.

So treffen letztlich zwei labile Mentalitäten aufeinander, die ab einer gewissen Konzentration das reinste Gift für die Demokratie sind. Einerseits der selbstgefällig-träge, nörgelnde Pseudobürger, der ständig fordert, ohne jemals angemessen der Solidargemeinschaft dienlich zu sein, kurz der Schmarotzer. Andererseits der Populist, der von diesem verzogenen Kind für die nächsten vier Jahre einfach nur irgendwie gewählt werden will.

Drum spricht uns Kennedys Zitat so aus der Seele. Wer, außer ihm, hat je in Friedenszeiten seine Leute aufgefordert, zuerst zu liefern und danach Ansprüche zu stellen?


PS: 22. April 2024, Kants 300. Geburtstag
Кант – Фаренгейт 451