Stolz und Vorurteil (III)

Der stolze David – Verkörperung der Republik



Die Weltgeschichte in ihren denkwürdigen Zyklen zu bewerten, ist verlockend. Man glaubt dabei, schnell ein Muster zu erkennen und daraus Erkenntnisse für die Zukunft zu gewinnen. Nehmen wir nur den im vorherigen Eintrag behandelten Ausstellungsbesuch: Schon taucht man ein in die Sphäre des Römischen Imperiums und reflektiert dessen schleichenden Niedergang. Im aktuell eher trübsinnigen Gemütszustand ereilt mich da schnell die Furcht, in einer sehr ähnlichen, dekadenten Zeitblase zu schwimmen, wo eine vermeintlich mächtige, sehr gut aufgestellte Hochkultur sich mit Intrigen und Selbstgefälligkeit ahnungslos in strukturelle Gefahr begibt.

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Stolz und Vorurteil (II)

Das Römische als Leitkultur


„Wie leicht ist es, jede lästige Vorstellung von sich zu weisen und wegzuwischen, wenn sie uns nichts angeht, und sofort wieder völlig beruhigt zu sein.“ – Marc Aurel, Selbstbetrachtungen



Vor Kurzem besuchten wir im Rheinischen Landesmuseum zu Trier eine passable Ausstellung über Marc Aurel. Der hat sich zwar zeitlebens nie in „Augusta Treverorum“ blicken lassen, aber die deutschen Römerstädte haben schließlich freie Hand in ihrem Stadtmarketing. Und Marc Aurel ist eben populär, der Philosophenkaiser und Stoiker mit einem Standardwerk voller Spruchweisheiten. Das Publikum scheint mit entspannter Aufmerksamkeit das römische Gesellschaftsleben zu studieren, die Wohlfahrt und Harmonie unter der Regierung eines wohlwollenden und gerechten Kaisers. Ach, wie war doch alles in bester Ordnung. Eine prosperierende Hochkultur für alle. Ein Segen, dass dieses römische Erbe in uns genetisch verankert ist. Und zum Glück – auch das ist Teil der römischen DNA – schauen wir uns von anderen Kulturen der Welt zusätzlich noch vieles ab.¹

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Stolz und Vorurteil (I)

Foto: AdobeStock


Mein Blog scheint mitunter etwas widersprüchlich, was wohl in der lebhaften Natur der schönen Künste liegt. Einerseits empfinde ich diese bunte Parallelwelt als großes Glück, andererseits geht mir der selbstverliebte Kulturbetrieb dann doch wieder auf den Geist und ich geniere mich, dass ich nichts „Vernünftiges“ mache. Ein Künstlerkollege geht sogar so weit, dass er sein Metier bei neuen gesellschaftlichen Kontakten erst mal verleugnet, und obwohl er einen löblichen Abschluss der Münchner Kunstakademie vorzuweisen hat, antwortet er auf die Frage nach seinem Beruf sehr vage. Zuweilen behauptet er sogar, er arbeite bei Lidl. Und sei es nur, damit ihm kein leutseliger Dilettant die Belegfotos des eigenen Gepinsels stolz auf dem Smartphone vorführt. Also noch ein Dilemma, man ist gleichzeitig verschämt und arrogant.

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Schein, Sein und Design

„Alles vergeht“, … sagt das Spieglein an der Wand.


Wenn die Wahrnehmung kippt, kippt auch die Stimmung. Dann dauert es eine Weile, bis man zu seiner wohltemperierten Laune zurückfindet. Auch – oder vielleicht sogar insbesondere – der künstlerische Hallodri ist sich oft genug des Ernstes der Lage bewusst. Neulich hätte ich mein Leben beinahe leichtfertig und abrupt beendet. Ist aber nix passiert. Anstatt als Radfahrer unter die Räder eines Lastwagens zu geraten, landete ich ersatzweise in einer staubigen Hecke. Solange mich meine geprellte Hand noch wehleidig daran erinnert, bin ich mir meines Glücks täglich bewusst.

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Münchhausens Geburtstag

Footage: AdobeStock


Heute hätte der Baron von Münchhausen Geburtstag und weil ich in letzter Zeit mit rollenden Kugeln beschäftigt war, fällt mir spontan eine Szene aus diesem Ufa-Film mit Hans Albers ein, der einige patzige Anspielungen hat, was gar nicht so auffällt, weil man hinter der Nazi-Propaganda bestimmt keinen oppositionellen Geist vermutet. Allerdings hatte das Drehbuch ein Erich Kästner verfasst und der war geübt darin, mehrdeutige Texte abzuliefern. An einer Stelle philosophiert der Baron über Billiard², aus der Perspektive der Kugel, die keine Ahnung hat, was mit ihr passiert:

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Lucy in the Sky with Diamonds

Foto: IMAGO / Everett Collection


Eigentlich müsste es für die nächste Zeit genug sein mit meinen weltsprachlichen Überschriften, mit diesem Denglisch in Wort und Geist. Vielleicht sollte man sich vorerst nur der eigenen Sprache bedienen, statt weiter am transatlantischen Auslaufmodell festzuhalten. Das Problem ist nur, dass sich John Lennons Wortkunst einfach nicht adäquat übersetzen lässt. Außerdem brauche ich heute ein bisschen Flower Power, in nostalgischer Rückbesinnung auf eine Zeit, in der mir Englisch noch progressiv erschien und poetisch verschlüsselt eine rosige Zukunft versprach.

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Culture Club – Members Only

Groucho Marx · Alamy Stock Foto


„I don't care to belong to any club that will have me as a member.“
Groucho Marx



Die Vereinigten Staaten haben sich, unter der Führung eines sehr, sehr groben Kerls, entschlossen, mit der „Wokeness“ aufzuräumen. Das ist in seiner Radikalität so dumm wie verständlich, denn die Masse hatte mit Wokeness noch nie was am Hut. Also schlägt das Imperium, bedrängt von den eigenen Idealen, zurück und schwuppdiwupp, ist man in der Entwicklung wieder ein paar Jahrzehnte nach hinten gerutscht. Übergeschnappte Milliardäre streichen kurzerhand zig Milliarden für humanitäre Hilfe und missliebige Integrationsprogramme. Solche krassen Einschnitte sind mir in meiner Lebenswirklichkeit noch nicht untergekommen, aber das will ja nichts heißen.

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Countdown – As SLow aS Possible


Das Jahr ist vorbei. Kurz vor Redaktionsschluss fällt mir noch einiges aus der „Fließenden Welt“ ein, „schwappt“ buchstäblich rüber ins neue Jahr, vor allem dieser „Fluxus-Kram“. Unser scheidender Kanzler würde wohl „Tünkram“ dazu sagen. Für mich ist genau das noch ein wichtiger Puzzlestein, der zeigt, wie Kunst und Kultur dynamisch in Bewegung bleiben. Letztlich erklärt sich vieles von selbst, wenn man sich an den Grund für künstlerisches Wirken erinnert: Kunst macht man, weil es einen drängt, der Fantasie nachzugehen, im Idealfall, weil man sein vermeintlich zweckloses Tun genießt. Auf diesen einfachen Nenner gebracht, sind sich die Menschen auf der ganzen Welt sehr ähnlich. Und darum sind auch über die Jahrhunderte und die Kontinente hinweg die Geister in eigener Mission unterwegs und, wenn’s gut läuft, im friedlichen Austausch. Die Avantgarde vorneweg.

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Flatliners – dem Himmel so nah?

Ausschnitt – Bildquelle WikimediaCommons


Als römisch-katholischer Knirps war man gewohnt, an Allerheiligen oder Allerseelen mit der Familie auf den Dorffriedhof zu gehen, stets im Dunkeln, wegen der Lichterromantik, und zudem in Vorfreude auf den heiteren Laternenumzug zwei Wochen später zu St. Martin. Wenn ich heute vom Münchner Westfriedhof komme, dann scheint die Welt doch eher beklemmend und so reproduziere ich ganz gerne etwas von der naiven Nestwärme aus der Kindheit, was immer gut ist für die schwachen Nerven eines lebenserfahrenen Erwachsenen. Der begleitende Atheismus wird daneben zunehmend trostloser und wohl auch darum gibt es in letzter Zeit immer mehr jene publizistischen Versuche, für ein „Leben“ nach dem Tod eine wissenschaftliche Perspektive anzubieten.

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„Galoppierend oder fliegend“


Der Pegasus ist eine uralte klassische Allegorie und aktuell immer noch ein wunderbares Fabeltier. Obwohl ich mit Pferden nicht viel am Hut habe und auch kein großer Lyrikexperte bin, habe ich durch Heines Verse in „Atta Troll – Ein Sommernachtstraum“ in dem geflügelten Ross ein sehr poetisches Freiheitssymbol gefunden. Vor allem in einem Vierzeiler¹ habe ich mein künstlerisches Mantra entdeckt und darin, zumindest während des Studiums, eine fröhliche Antriebskraft gesehen.

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