Lucy in the Sky with Diamonds

Foto: IMAGO / Everett Collection


Eigentlich müsste es für die nächste Zeit genug sein mit meinen weltsprachlichen Überschriften, mit diesem Denglisch in Wort und Geist. Vielleicht sollte man sich vorerst nur der eigenen Sprache bedienen, statt weiter am transatlantischen Auslaufmodell festzuhalten. Das Problem ist nur, dass sich John Lennons Wortkunst einfach nicht adäquat übersetzen lässt. Außerdem brauche ich heute ein bisschen Flower Power, in nostalgischer Rückbesinnung auf eine Zeit, in der mir Englisch noch progressiv erschien und poetisch verschlüsselt eine rosige Zukunft versprach.


Albtraum und Wirklichkeit – Tag 1 nach der Wahl

Oh je, Deutschland hat gewählt. Entsprechend unruhig war mein nächtlicher Schlaf. Kommen wir also zu etwas ganz anderem und flüchten uns mit klarem Kopf in den taktischen Surrealismus statt in die totale Desillusionierung über die Welt- und Deutschlandrealität. Irgendwie muss man jetzt durch den Tag kommen, und dieser schöne Beatles-Song ist, schon seiner Legende nach, die ideale Vorlage für eine unbekümmerte Realitätsverschiebung.

Das es sich in der Titelvergabe um eine eindeutige Anspielung auf die 70er Jahre Hippie-Droge LSD handelt, ist nicht zu übersehen. Das hat John Lennon, schlitzohrig wie er war, natürlich vehement abgestritten. Zumal die Kollegen der Rolling Stones ja erheblichen Trouble bekommen hatten und wegen ihre Kifferei kurzzeitig festgenommen worden waren. Die Lucy-Story geht angeblich zurück auf ein kindliches Bild, das Lennons kleiner Sohn Julian gemalt hatte. Er erklärte es seinem Vater mit den Worten: Das sei seine Klassenfreundin Lucy am Himmel mit Diamanten. Selbst wenn es so gewesen sein sollte, hätte ohnehin sein Vater vollautomatisch daraus einen Songtitel gemacht. wahrscheinlich war es aber umgekehrt. Wie das oft in der Kunst so ist: erst das Werk, dann die Erklärung.

Film ab und kurz mental abgetaucht – raus aus Dunkeldeutschland, rein ins gelbe U-Boot! … Kleine Zeitreise in die bunte 68er-Welt des Heinz Edelmann, dem angesagten Illustrator meiner Jugend.




Die Lucy-Sequenz aus dem Film „Yellow Submarine“ von 1968. Tatsächlich das Gegenteil von dem, was Dalí oder Buñuel unter Surrealismus verstanden. Ich kann eben mit perversem Spektakel grundsätzlich nichts anfangen und bevorzuge eindeutig die sinnliche Welt der Popkultur.

Marmalade Skies – Featuring Paddington Bear

Wer also schöne Bilder, klingende Worte und Musik im Kopf hat, braucht keine Drogen. Nur scheinen aktuell derart viele Gemüter mit sich im Unreinen zu sein, dass in Psychologie und Psychotherapie ernsthaft darüber diskutiert wird, ob und inwieweit LSD, Ecstasy & Co. unter ärztlicher Aufsicht bei der Behandlung von Depressionen hilfreich sein können. Der schräge amerikanische Drogenforscher Rick Doblin empfiehlt sogar eine breite Anwendung in der westlichen Zivilisation, zur Erhaltung der Demokratie, da scheinbar viele Menschen durch Paranoia und Neurosen dem Rechtspopulismus zum Opfer fallen. Was einem Amerikaner so einfällt, wenn der Tag im Drogenlabor lang ist. Ein Nazi auf LSD ist in meiner Fantasie allerdings nicht besonders lustig.

Apropos, die Cannabis-Legalisierung läuft auch aus, ohne dass ich den geringsten Gebrauch davon gemacht hätte. Jetzt darf unser medienaffinier Landesvater und Kanzlerberater demnächst von mir aus wieder ein paar billige Influencer-Klicks sammeln. Ihm und seiner Partei wünsche ich weiterhin eine schamlose Internetpräsenz und rauschhaften Zuspruch in den Festzelten der Region. Und wo wir gerade beim Blödeln sind – es gibt jetzt in den Sozialen Medien eine nette Geschenkempfehlung für Fritze Merz: zur Amtseinführung, schön verpackt, eine alte Tasse nach Berlin schicken! Als Gruß von allen Spinnern, die vielleicht doch noch die ein oder andere im Schrank haben.¹

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¹ PS 7. März 2025: Die Aktion war wohl recht erfolgreich Alle Tassen im Konrad-Adenauer-Haus?




Fazit: Der Mensch braucht eine Ablenkung und etwas Schönes zu tun, dann geht’s uns gut. Was man eben so macht, um bei Laune zu bleiben. Und weil es im Discounter sehr gute Orangen im Angebot gibt, hat Sabine eine ansehnliche Batterie von Orangenmarmelade nach Paddington-Vorbild gekocht und (ausschließlich für den privaten Gebrauch) verpackungsdesignt. Schön, oder? Das ändert zwar nicht die Realität, aber die Mentalität.



„Look for the girl with the sun in her eyes,
and she's gone.“