Das kann doch einen Seemann nicht erschüttern


Wenn die Medien mal wieder nicht wissen, was sie machen sollen, wird das alte ich-sehe-was-was-du-nicht-siehst-Spielchen bemüht und heraus kommt eine dieser belanglosen Chartlisten. Aus diesem Larifari-Gemüt heraus hat die englische Daily Mail einmal mehr die Bundesliga auf dem Kieker und abschließend befunden, dass der HSV das hässlichste Logo der Welt hat. Das finde ich gemein, denn die Hamburger haben seit einigen Jahren wirklich Wichtigeres zu tun, als sich mit ihrem Grafikdesign zu beschäftigen. Und ganz abgesehen davon, dass mir persönlich die blaugefärbten Fußballvereine nicht besonders nahe stehen, finde ich das HSV-Logo von allen Bundesligaclubs immer noch am schönsten. Null Ahnung, was wohl englischen Sportjournalisten gefallen könnte. Möglicherweise will man das auch gar nicht wissen.

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Die Gedanken sind frei

Schaukel vor Zugspitzpanorama


Kommunikationsdesign heißt unter anderem so, weil dabei ziemlich viel geredet wird. Manchmal so viel, dass dem Individuum die Sicht auf das Wesentliche vernebelt wird. Besonders dann, wenn jeder auf seiner Denkspur als erster ins Ziel kommen will. Im Disput dominiert die Schlagfertigkeit. Wer die Kunst der Rhetorik oder gar der Polemik bemüht, sucht allerdings nicht zwingend nach der Wahrheit, sondern nach Bestätigung. Soll heißen: es schadet nicht, wenn man sich in wörtlicher Rede behaupten kann, solange man damit nicht die eigene Sturheit fördert.

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Alles so schön bunt hier!


Frohe Ostern erst mal! Und damit zu der Sache mit den Buntstiften. Wobei ich zu meiner Schande gestehen muss, dass ich dieses Gesellschaftsphänomen, das ja unzweifelhaft unser Metier betrifft, überhaupt nicht auf dem Schirm hatte. Jetzt überrascht mich die SZ damit, dass der neue Trend „Malbücher für Erwachsene“ seit einiger Zeit die Hersteller von Buntstiften zu Überstunden zwingt. Ich mag zwar Buntstifte und deren Hersteller, aber leider ist die subtile Botschaft dahinter für mich mal wieder Anlass genug in einen sanften Kulturpessimismus abzudriften. Haben wir in unserer Erziehungsparanoia das Kinderzimmer mittlerweile so weit unter Kontrolle, dass wir uns als Doppelagenten vor lauter Langeweile selbst umdrehen?

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Mein Name ist Hase

Illustration Titus Dannhöfer


Kommunikationsdesign ist ein weites Feld und eines der größten Privilegien ist die ungenierte Freiheit mit der dieser Beruf ausgeübt werden kann. Wer fragt uns schon nach Zeugnissen, Diplomen oder Titeln? Gutes Design erkennt man auch ohne akademische Vorzeichen, Quereinsteiger machen unverkrampft Karriere, ohne die höheren Weihen irgendeines Studiums. Dem konservativen Akademiker stehen bei so was die Haare zu Berge. Verständlich, denn er hat sich bienenfleißig und ernsthaft qualifizieren müssen. Kann dann aber eine amtliche Beglaubigung seiner Qualitäten vorweisen und deshalb bereits im Vorfeld die angemessene Ehrerbietung erwarten. Sofern ihm nicht eine maliziöse Expertenkommission diese Ehre wieder abschneidet.

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Spaziergang in der Silvesternacht


Es fängt romantisch an mit der „Feuerzangenbowle“ in der Komödie im Bayerischen Hof und endet pragmatisch mit dem unfreiwillig langen Fußweg vom falschen S-Bahnhof nach Hause, „wegen eines Polizeieinsatzes“. Bis zum nächsten Morgen ein surrealer Nebeldunst, zum Glück kein realer Terror. Also lieber noch mal in Gedanken zurück in die Komödie, amüsant und unbeschwert und mindestens doppelt so positiv wie die Wirklichkeit. Oder, wie Heinrich Spoerl es anders herum in seinem Roman ausdrückt, „es ist im Leben alles nur halb so schlimm – und halb so schön.“ Gegenüber Buch und Film verzichtet das Theaterstück auf die sentimentale Schlusspointe des Originals. Hätte mir zum Jahresabschluss aber gefallen:

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Das Leben, das Universum und der ganze Rest

Bildquelle Wikimedia Commons


„Seltsam sei es und ungerecht, sagte Gauß, so recht ein Beispiel für die erbärmliche Zufälligkeit der Existenz, dass man in einer bestimmten Zeit geboren und in ihr verhaftet sei, ob man wolle oder nicht. Es verschaffe einem einen unziemlichen Vorteil vor der Vergangenheit und mache einen zum Clown der Zukunft.“ Daniel Kehlmann – Die Vermessung der Welt


Die wahre Eroberung und Vermessung der Welt beginnt bekanntermaßen mit der Renaissance. Gutenberg und Kolumbus schaffen die Werkzeuge und Grundlagen für ein Zeitalter des Aufbruchs, des Umdenkens, des wissenschaftlichen und künstlerischen Fortschritts. Und mittendrin sitzt Dürers melancholischer Engel, zugestellt mit dem Sammelsurium seines Erkenntnisapparats und scheint für den Moment etwas überfordert, nachdenklich, sich der ungeahnten Vielfalt bewusst, aber im Ergebnis reizüberflutet. „Melencolia I“ – mein Weihnachtsengel.

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Spec Work* – alles für die Katz?


Um es noch mal in aller Deutlichkeit zu sagen: sich auf massenhaft ausgeschriebene Wettbewerbe einzulassen oder für null Honorar zu pitchen hat nichts mit Sportsgeist oder gar Professionalität zu tun. Für Kreative ist es quasi ein bitteres Armutszeugnis, denn wenn nicht aus purer Not, warum sonst sollten sie so etwas tun. Der potenzielle Auftraggeber hingegen bedient sich schlicht eines unseriösen Schneeballprinzips.

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„Eine Idee ist gar nichts, ja?“

Foto: AdobeStock


„Eine Idee ist gar nichts, ja?“ – Dieses patzige Zitat von Terézia Mora aus dem Deutschlandfunk Radiofeature „101 Wege, nicht zu schreiben“, habe ich mir gemerkt. Weil es so schön die Gereiztheit der Kreativen wiedergibt, wenn sie nach den Quellen ihrer Inspiration und Produktivität gefragt werden. Warum aber die Gereiztheit und weshalb dieser Nihilismus? Wahrscheinlich, weil das verkitschte Interesse an Einfallsreichtum und künstlerischer Imagination irgendwann jeden Profi ziemlich nervt. Ideen bleiben ein nutzloses Gas, solange sich niemand bemüht, sie aus diesem flüchtigen Aggregatzustand in eine feste Form zu bringen. Erst die geglückte Umsetzung macht daraus ein eindrucksvolles Konzept: in dessen solider Struktur steckt das eigentliche Potenzial. Kurz, Ideen sind davor nur heiße Luft, also gar nichts. – Es hat schon seinen Grund, weshalb das sogenannte Fantasy-Genre zum kunterbunten Kitsch neigt.

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Die binomische Kunstformel

Fotovorlage: AdobeStock


Warum macht der Mensch Kunst? Die halbe Wahrheit lautet: weil er es kann. Weil er es sich leisten kann und weil er es will, nicht weil er muss oder soll. Ein archaischer Antrieb eben, lustvoll und spontan, aus sich selbst heraus und nur für sich selbst. Selbstvergessen, nennt man das irreführenderweise, aber eigentlich vergisst man bei seinem Tun die Anderen. Wer einen Anfang gefunden hat, vergisst auch das Warum und zieht sein Ding durch. Ohne Kalkül, ohne Spekulation, ohne Strategie, zur Not ohne Geld. Kunst macht ja den Erzeuger nur selten reich und darum haben Kreative in ihrer Beziehung zum Kaufmann grundsätzlich das Nachsehen. Der Geschäftsmann wird sich beim Erwerb einer künstlerischen Dienstleistung die Hände reiben, der Seiltänzer hingegen lebt vom Applaus und ist froh, wenn er wenigstens nicht abstürzt.

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Markenzeichen oder Stigma?


Die Legende vom tollen Käfer gehört zu den beliebtesten Vor- und Nachkriegsmärchen der deutschen Automobilindustrie. Leidenschaftlich romantisiert, liebevoll geschönt. Dabei war der „Volkswagen“ ursprünglich nicht mehr, als eine krasse Fehlkalkulation, ein Produkt, das zum Katalogpreis definitiv nicht herzustellen war. Und damit eine Verbrauchertäuschung, denn tausende von „Volksgenossen“ wurden um ihre gesamten Ansparzahlungen geprellt, ohne das jemals ein „KdF-Wagen“ zugeteilt wurde. Bekanntermaßen war ja ab 1939 Schluss mit der „Kraft durch Freude“, da musste das junge Unternehmen Granaten und Minen produzieren.

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