Work, Life, Balance

Fotovorlage¹ AdobeStock


Man kann sich durchaus fragen, was denn nun wirklich anstrengender ist, das Arbeiten oder die sogenannte Freizeit? Vor allem, wenn wir uns in den Lifestyle besonders engagiert eingliedern und jede freie Minute sinnvoll gestalten wollen. Freiberuf und Privatleben sind ohnehin regelrechte Parallelwelten. Sowohl die eine wie die andere ist mitunter sonderbar.

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Äquinoktium


„Indessen nahte der September heran. Die Felder waren leer, das Laub begann abzufallen, und mancher Hektische fühlte die Schere an seinem Lebensfaden. Auch Johannes erschien unter dem Einflusse des nahen Äquinoktiums zu leiden; die ihn in diesen Tagen sahen, sagten, er habe auffallend verstört ausgesehen und unaufhörlich leise mit sich selber geredet, was er auch sonst mitunter tat, aber selten. Endlich kam er eines Tages nicht nach Hause.“



Diese düster-romantische Textstelle findet sich in Annette von Droste-Hülshoffs Judenbuche, im Moment als Vorlesepodcast zu haben. So kann ich mich des Nachts, aus dem Schlaf aufgeschreckt, gleich wieder literarisch einlullen lassen, was am besten funktioniert, wenn man die Story schon kennt, nicht unbedingt zuhören muss.

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swer dirre wunne volget, …

Foto: AdobeStock


Dann und wann im Kalligrafie-Unterricht, beim Improvisieren, also wenn man zufällige Wortschnipsel aus dem Hinterkopf verarbeitet, geraten mir schon mal ein paar mittelhochdeutsche Vokabeln aufs Papier. Passiert jetzt häufiger, was daran liegen kann, dass ich nun ein angebliches „beklagenswertes“ Alter erreicht habe – wenn man dem von mir so geschätzten Walther von der Vogelweide glauben mag. Nun ja, eigentlich hält sich der philosophische Frust bei mir in Grenzen, aber einen Grund wird es schon haben, weshalb dessen Verse aus der Erinnerung aufblitzen.

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imagine


Weßlinger See, August 2023


Mit entspanntem Gemüt am See hocken und in einen Sonnenuntergang mit Wölkchen zu blicken, ist das Meditationsklischee schlechthin. Wenn sich der Gedankenstrom mit dem Treiben am Himmel synchronisiert, zerstreut sich das Gewohnte und macht, mit etwas Glück, Platz für eine neue Idee. Dann schnurrt die Imagination¹, unsere eigentliche Kreativkraft, die stets anregendes – sentimentales oder visuelles – Material sucht, egal aus welcher Sphäre es kommt, ob es uns nun erfreut, verblüfft oder verwirrt. Beispielsweise diese Herzen am Himmel, die man im Moment der Aufnahme gar nicht bemerkt, sondern erst, wenn man sich später in Ruhe das Foto anschaut.

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who am i?

A. D. 1500 – Auge in Auge


Dürers Selfie im Pelzrock gehört zu den berühmtesten der Welt, strotzt voller Selbstbewusstsein und ist in vielen Belangen geradezu anmaßend: ein arroganter und quasi „unanständiger“ Auftritt, denn dieses Renaissance-Genie gebärdet und kleidet sich wie ein Patrizier, obwohl es nur ein Maler ist. Vor etlichen Jahren hing im Nürnberger Hauptbahnhof das Konterfei als Großbanner an den Wänden und gelegentlich haben sich Reisende aus dem christlichen Ausland davor bekreuzigt, weil der Albrecht in seiner frontalen Symmetrie dem Heiland zum Verwechseln ähnlich ist. Keck auch der Doppelsinn seiner Initialen in Verbindung mit der epochalen Jahreszahl. – Hybris als Methode? Nicht ganz, Dürer steigt vor allem seiner unfassbaren Qualifikation wegen in die höchsten Kreise auf.

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codenames

Die Moderne in der Alten Pinakothek


In der Weihnachts- und Familienfreizeit konsumiert man gerne unbehelligt etwas Kultur. Der Andrang vor dem Eingang der Hypo-Kunsthalle hält sich in Grenzen, aber die Exponate im Flyer sind wenig verheißungsvoll. Eigentlich würde er sich lieber gern mal wieder einen originalen van Gogh ansehen, sagt der Sohn. So trotten wir weiter zur Alten Pinakothek – zurück zu den Wurzeln.

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„Gleichgewicht“

„Gleichgewicht“, Collage mit 2 Radierungen …


Einige kleine Schnitzfiguren, eine größere Tuschezeichnung der Partenkirchner Ludwigstraße und ein Exponat ihrer letzten Ausstellung sind uns von Marie geblieben. Die Arbeit „Gleichgewicht“ hat nun einen schönen Platz gefunden, neben der Skulptur von Daniel Eggli, die wir von ein paar Jahren beim gemeinsamen Besuch in einer Münchner Galerie erworben haben. Auch so eine gute Erinnerung, dieser teure Kunstkauf, trotz Corona-Kalamitäten – damals ist irgendwie auch ein klitzekleiner Teil von Maries Seele in diese stille Figur hineingehüpft und macht sich seitdem bemerkbar.

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„swifter than the moon's sphere“

Foto: AdobeStock


„Nun gute Nacht! Das Spiel zu enden, Begrüßt uns mit gewognen Händen!“

So lautet der letzte Satz im Epilog des Puck, er verbeugt sich, dann ist das Spiel aus. Und schneller als der Lauf des Mondes ist ein schöner Traum vorbei. Die Elfe ist nicht mehr da. Keine lustige Eselei mehr. Die Illusion perdu. Und dennoch hoffe ich fest, dass ein Modell „Heile Welt“ sehr nachhaltige Ressourcen bietet, allein durch die Rückschau auf das erlebte Glück.

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„Das Herz ist ein einsamer Jäger“

Wolke fotografiert von Sabine


Es gibt Romantitel, die einem nicht mehr aus dem Kopf gehen, womöglich weil sie sich wie ein Mantra im eigenen Lebensentwurf einnisten. Das Debüt der 23 Jahre jungen Carson McCullers heißt im Originalmanuskript noch „The Mute“, der Verlag ändert das in „The Heart Is a Lonely Hunter“. Selten ist der Blick von außen – als Feedback auf das fertige Werk – so segensreich wie in diesem Fall, denn erst dieser romantische Satz verkündet den amerikanisch-literarischen Blues, der uns motiviert ein Buch aufzuschlagen. Der Mensch hat Sehnsüchte – ich kann mich nur wiederholen.

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anno illuminati '23

Illu: AdobeStock

Für Menschen, die ans Übersinnliche glauben oder gar zu Verschwörungstheorien neigen, könnte der Jahresanfang mit einer „verfluchten 23“ einige Irritationen mit sich bringen. Da die Zahlenmystik in Kunst und Kommunikation schon immer einen dunklen Raum einnimmt hat, sei gleich verraten, dass geheimnisvolle Zahlen stets mit einem simplen, manipulativen Trick generiert werden. Zuerst setzt man eine Behauptung in die Welt und verkauft diese anschließend ohne Nachweis als Beobachtung. Die düstere Schlussfolgerung überlässt man perfiderweise dem Publikum.

Wer selektiv wahrnehmend im weiteren Verlauf auf irgendeine Zahl achtet, und sei es die 23, ist selber schuld. Im Nachhinein ergeben sich immer „merkwürdige“ Anzeichen. Genau das ist aber der Punkt, man wertet immer die Vergangenheit aus und jeder erfahrende Mensch weißt, wie manipulierbar die Vergangenheit im Allgemeinen und die persönliche Erinnerung im Besonderen ist.

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