„The End of Print – is a book“


Wenn mal wieder der Untergang der Printmedien angekündigt wird, fällt mir spontan dieser Halbsatz von David Carson ein, mit dem wir uns vor Zeiten einen langen Abend über intensiv austauschen konnten. Die Kampagne „Impressions '98“ für unseren Kunden Fedrigoni fand wie üblich einen repräsentativen Abschluss mit dem Vortrag eines prominenten Designers. Das Liberty-Konzept hatte uns bewogen den gelernten Soziologen, Profisurfer und Typofreak Carson einzuladen. Im Frankfurter Sheraton referierte Carson über sein Wunschthema "what paper means to me" und begann seinen Text mit den Worten „The end of print is a book,“ … und in seine Atempause hinein wiederholte meine Frau neben mir leise, aber trotzig „… is a book!“

Schöner kann man sich gar nicht wundern. Über das Ende gedruckter Informationen werden kurioserweise in der Hauptsache Bücher geschrieben. Und gestaltet. Als einer dieser Magazin- und Buchgestalter ist Carson nach wie vor extrem erfolgreich. Und das obwohl, möglicherweise aber auch weil er all das falsch macht, was unsereins als braver Student so gelernt hat. Carson ist eben ein cooler Typ. Nicht vorlaut, aber ungeniert, ein freier Geist, den letzten Endes das Ergebnis am allermeisten interessiert und weniger der Prozess. Im Grunde all das, was an Designhochschulen wie ich sie kennengelernt habe, ziemlich verpönt ist. Dort berauscht man sich schon immer gerne an fantasievollen Prozessen.

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Die Kampagne „Impressions“ sucht den Austausch mit der US-Designszene.



Mit einigen Pils hinter dem Rednerpult, kommt Carson immer besser ins nebenberufliche Plaudern: was zieht man beispielsweise zum ersten Meeting an, wenn man von einem berühmten Modelabel beauftragt wird und selbst so gar keine Ahnung von Mode hat? Carson erscheint wie immer, Jeans, kariertes Hemd und Tennisschuhe. Und freut sich, als beim zweiten Meeting fast die Hälfte der Firma auch in Tennisschuhen erscheint. Mimikry ist also doch nicht alles. Selbstironie ist eher eine treibende Kraft. Als wir vormittags einen Testlauf mit seinen Dias veranstalten, bemängelt er bei einigen die Unschärfe. Ich frage ihn, ob das bei seiner Art des Designs eine Rolle spielt, er bedankt sich für den Gag und baut ihn abends in seinen Vortag ein. Lustig ist das Designerleben, wenn man es nicht so schwer nimmt.

„The End of Print“ ist nur das erste Buch von vielen, die noch folgen sollten. Damit ist Carson nicht der Erfinder der Grunge-Typografie, aber er löst in den Neunzigern einen ziemlichen Hype aus. Wellenweise nachlassend und bis heute stets wiederkehrend. Und wie geht's jetzt weiter? Nach meiner Erfahrung ist unser Metier dauerhafter als es ängstliche Naturen befürchten oder die meisten Zeitgeistneurotiker wahr haben wollen. Etwas von Carsons entspannter Arbeitsmoral sollte ich mir bewahren. Das Ende ist in weiter Ferne.



Mehr zur Kampagne „Fedrigoni Impressions“ im Portfolio Fine Italian Papers