Work, Life, Balance

Fotovorlage¹ AdobeStock


Man kann sich durchaus fragen, was denn nun wirklich anstrengender ist, das Arbeiten oder die sogenannte Freizeit? Vor allem, wenn wir uns in den Lifestyle besonders engagiert eingliedern und jede freie Minute sinnvoll gestalten wollen. Freiberuf und Privatleben sind ohnehin regelrechte Parallelwelten. Sowohl die eine wie die andere ist mitunter sonderbar.

So kann das Verhältnis zur Kundschaft Züge annehmen, die uns an den familiären Kräfteverschleiß erinnern. Als ehrenamtlich Erziehende bleiben unsere Idealvorstellungen am ehesten auf der Strecke, was oft auf strategische Fehler zurückzuführen ist, die man in Momenten seines naiven Eifers nicht bemerkt. Beispielsweise darf man seinen Nachkommen nicht ständig zuvorkommen, mit Anregungen und Angeboten; dann sind gut gemeinte und ebenso gut gemachte Ideen schnell verpufft. Was wir den lieben langen Tag an unsere Schutzbefohlenen weitergeben, nervt ja auch, und je belehrender die Ansagen ins Kinder- Jugend- oder Studentenzimmer hineingefunkt werden, desto reflexhafter wird dieser Störsender blockiert. Eine grundsätzlich zulässige Abschaltautomatik.

Genauso kann es kommen, wenn wir im Job zur Hochform auflaufen und ein wahres Füllhorn über die Kundschaft ausschütten. Auch falsch! Nicht nur, dass von solchen Sturm-und-Drang-Alternativen eine gewisse Unruhe oder gar Unsicherheit ausgeht. Man kann damit sogar den Argwohn erwecken, als seien Konzepte beliebig und austauschbar. Zu viele Entwürfe lassen die kreative Seele verhungern, nichts davon überdauert in der vermeintlichen Schublade, von der nur Privatmenschen glauben, dass sie wirklich existiert. In der Tat geht so mancher davon aus, dass Ideen auf Vorrat entwickelt werden können und bei Gelegenheit für ein besonders günstiges Angebot hergenommen werden. „Sie haben da doch bestimmt was in der Schublade“ ist ein Satz, der vielleicht als Kompliment gemeint ist, nur etwas süffisant rüberkommt.– Also, „was tun?“, sprach Zeus. Sieht alles nach Arbeit aus.

Mögen manche Aufgabenstellungen noch so ähnlich sein, aussortiertes Material formt sich selten und schon gar nicht von selbst zu einem neuen, adäquaten Konzept. Stets fängt man ganz von vorne an, um nicht zu sagen: ganz unten. Immer wieder rollt der brave Dienstleister einen neuen, unförmigen Klumpen nach oben. Work or Life – ein Sisyphusgedöns nach dem anderen. Klingt mühseliger, als es sich anhört. Zumal dieses Adjektiv „Mühe“ und „Seele“ so unauffällig miteinander versöhnt. Wie auch immer, als Freiberufler blicke ich auf eine recht positive Bilanz, denn unterm Strich erhält man für bezahlte Arbeit immer noch die meisten Komplimente. Summa summarum: alles im Lot ;-)



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¹ links im Bild die Kepler-Gleichung: So erklärt der berühmte Astronom die Anomalie der Erdumlaufbahn um die Sonne. Muss man nicht verstehen, für mich jedenfalls ein Symbolbild der Genugtuung, die man empfinden muss, wenn man erkannt hat, dass etwas nicht rund läuft, aber nach langem Nachdenken dahintergekommen ist, warum das so ist, im Ergebnis eine grafische Formel dafür gefunden hat und in Zukunft verlässlich damit arbeiten kann. Kepler würde sagen: ein Geschenk des Himmels.