Zeichen und Wundertüten


Das Erscheinungsbild der Liberalen gibt es seit gestern in lustigen Farben. Was haben die nicht alles schon ausprobiert, um auf sich aufmerksam zu machen? Und immer wieder ist sie gleich verpufft, die heiße Luft. Und die gute Laune. Dabei gibt es in deren eigenen Reihen ein wackeres Fähnlein von PR-Fachleuten, Medienexperten und Unternehmensberatern und trotzdem mag ihnen kaum jemand die keck werbenden Botschaften abkaufen. Jetzt dieses typografische Knallbonbon. Ist es nicht fast ein bisschen traurig, dass diese Beratervölkchen sich selbst nicht zu helfen weiß mit seiner Beraterei?

Nein, ist es nicht. Es ist schlicht ein klassischer Fall von Selbsthypnose, dem Schönredner zum Opfer fallen können. Leute, die sich selbst gerne quasseln hören, erliegen zuweilen ihrem eigenen Zauber und glauben dann wieder an den Osterhasen. Man könnte auch sagen, wer anderen eine Grube gräbt, fällt selbst hinein.

Dann heißt es Haltung bewahren, sich bloß nichts anmerken lassen! Westerwelle hatte schon bei früheren Wahlschlappen den läppischen Begriff von der „putzmunteren“ Opposition erfunden. Da, wo jeder erwachsene Mensch angesichts seines Totalversagens erst einmal herzhaft resigniert, machen solche Kindsköpfe im hat-ja-gar-nicht-weh-getan-Trotz einfach weiter. Positiv denken als zwanghafter Betriebsmodus führt unter Umständen auch mal in die infantile Verblödung. Jetzt haben sie endlich das passende Verpackungsdesign dazu.

Von einer bunten Wundertüte sollte man keine ernsthaften Inhalte erwarten. Sie ist ja quasi die charmante Allegorie der leeren Versprechungen. Christian Lindner hat sicher einen größeren Wortschatz als seine beiden Vorgänger im Amt, aber in aufgekratzter Parteitagsstimmung leiert er instinktiv die alte Schallplatte runter von „Aufbruch, Optimismus, Tatkraft, Selbstvertrauen.“ Auch wenn manche Cliquen sich damit vorübergehend selbst aus dem Verkehr ziehen, Phraseologie als Mentaltechnik bleibt nach wie vor beliebt. Und damit nicht ungefährlich.

Karl Kraus fasst das folgendermaßen zusammen: „Die Menschen glauben immer noch, daß der menschliche Inhalt bei schlechtem Stil ein vorzüglicher sein könne und daß sich die Gesinnung ganz separat etabliere. Aber ich behaupte …, daß nichts notwendiger ist, als solche Leute als Makulatur einzustampfen. Oder es müßte ein Landtag über die Sprache konstituiert werden, der, wie für jede Kreuzotter, für jede erlegte Phrase eine Belohnung aussetzt.“


„Wie gestaltet man ein Produkt, das niemand braucht?“ Erik Spiekermann zum FDP-Logo