digital und analog

Das nachfolgende Exposé* zur Rollenverteilung analoger und digitaler Medien entstand im Vorfeld einer strategischen Neuorientierung. Es ist kein Rezeptheft, sondern eine konstruktive Einschätzung der Stetigkeiten und Veränderungen im Kommunikationsdesign.

*) Auszüge © 2019 Egerer Designteam München

Foto: AdobeStock

Blickverlaufs-Heatmap am Monitor

Die Kultur des Lesens

Das Lesen ist eine über Jahrhunderte eingeübte und vertraute Technik. Aber inwieweit lässt sich unsere Wahrnehmung im täglichen Informationschaos auf kontemplatives Verhalten noch ein? Und wie unterscheidet sich das tradierte Lesen von Büchern und Papierseiten vom Lesen in E-Books und an Bildschirmen? Eine kurze Analyse der Ausgangslage.

links: Capitalis 100 n. Chr.
rechts: Helvetica 1957

Kommunikation ist Konvention

Seit zweitausend Jahren sind unsere Buchstaben quasi unverändert, das römische Alphabet ist neben der englischen Sprache ein globaler Kommunikationsstandard. Die Entwicklung der schriftlichen Kommunikation ist technologisch linear und pragmatisch: Die geschriebene Schrift ist das Vorbild für die Druckkunst, das Schriftbild der Bleibuchstaben ist das Vorbild der Fotosatztypen, die Layouts der Printmedien sind Vorbilder für digitale Medien.

Wer handgeschriebene Buchseiten, Frühdrucke, moderne Magazinseiten und Websites nebeneinander stellt (siehe unten), wird wesentliche, strukturelle Übereinstimmungen erkennen. Die Abfolgen von „Headline“, „Teasertext“ und „Copy“ sowie der Einsatz verschiedener Bildgrößen sind konsistent.

Diese Medienentwicklung ist allzu logisch – die Aufbereitung von Informationen basiert nun mal auf gesellschaftlichen Konventionen.

Was bringt uns diese Erkenntnis? Grob vereinfacht: die Welt verändert sich, Kommunikationsmuster wiederholen sich. Und Mustererkennung ist nun mal die wichtigste Schlüsselqualifikation. Technologie und Medien befinden sich schon immer in einer sehr engen Wechselbeziehung. Technik verschafft im Vorfeld Möglichkeiten, die von Medien genutzt werden können – unter gewissen Voraussetzungen. Die Technologieentwicklung an sich mag sich überschlagen und immer mehr die menschlichen Wahrnehmung überfordern, denn sie folgt schlicht der Dynamik des Machbaren, Medien aber müssen sich unserer Wahrnehmung anpassen.

Medien wollen Botschaften vermitteln – allgemein verständlich, klar und gelegentlich unterhaltsam. In der Spur zu bleiben, lautet die Maxime.

Bemerkenswerte Chronologie – von links: Humanistische Buchkalligrafie 1444, Inkunabel Venedig 1499, ELLE Italia 1990, SZ Online 2019

Ein Lesetest

Der Blickverlaufstest ist seit den 1970er Jahren ein probates Analyse-Tool im kommerziellen Marketing. Die Augenbewegung ist reflexhaft und gibt Werbefachleuten deutlich besseren Aufschluss über die unwillkürliche Wahrnehmung des Probanden, als eine noch so geschickte Befragung.

Foto freestocks

Seit den 2000er Jahren erforscht die Kommunikationswissenschaft nun mögliche Veränderungen speziell im Leseverhalten bei der Nutzung von Onlinemedien. Wichtigste Beobachtung: die Augenbewegung erzeugt hier, beim schnellen Lesen und Suchen nach Schlüsselbegriffen, eine Heatmap in „F“-Form (siehe Abbildung in der Einleitung oben). Wenig überraschend, denn ein sehr ähnliches Muster ergibt sich schon immer bei Lesen von Zeitungen und Magazinen.

Wohingegen beim Bücherlesen, ob wir nun ein Druckexemplar oder einen e-Reader verwenden, stets eine konstante Zeilenbewegung abgebildet wird. Der Unterschied beider Muster liegt somit nicht allein im Medium selbst begründet, sondern in der Gebrauchsabsicht und Aufmerksamkeit, die wir ihm gegenüber mitbringen. Am Bildschirm oder beim sporadischen Magazinblättern sind wir per se nicht gewillt, alle Inhalte „abzugrasen“, sondern verhalten uns sprunghaft, auf der Suche nach dem, was unser Interesse wecken könnte.

Foto Joseph Chan

Bleibt es also gleich, ob ein Medium digital oder in gedruckter Form gelesen wird, solange dessen Gebrauchswert derselbe ist? Dass zwischen E-Book und gedruckter Ausgabe doch ein wesentlicher Unterschied besteht, zeigt ein finnische Studie aus dem Jahr 2017 mit jungen Menschen beiderlei Geschlechts im Alter Mitte 20.

In zwei Gruppen wurde derselbe Text in identischer Typografie jeweils in einem E-Book oder Taschenbuch gelesen. Die erforderliche Zeit war bei beiden Gruppen ähnlich, die ausführliche, inhaltliche Abfrage ergab keinen qualitativen Unterschied. Signifikant aber war die chronologische Genauigkeit, in der beide Gruppen die Ereignisse der gelesenen Erzählung wiedergeben konnten. Bei den Taschenbuchleser_innen war die Trefferquote fast doppelt so hoch.

Fazit: Lesen (und Blättern!) von Papierseiten verschafft auf Grund seiner taktilen Reize eine deutlich bessere Orientierung.

Analoge Medien (Print)

Für die Unternehmenskommunikation ist es wichtig, sich immer wieder aufs Neue die Wesensmerkmale der verschiedenen Kanäle bewusst zu machen und auf die eigenen Ziele zu beziehen. Analoge Medien sind vor allem durch die, über lange Zeit gewachsene Vertrautheit direkt verständlich und zugänglich. Im Vergleich zu Onlinemedien sind gedruckte Werke unkompliziert, sozusagen einfach gestrickt. Das vereinfacht entsprechend den Zugang und die Handhabung.

Foto Element5 Digital

Vorteile analoger Medien (Print)

  • Die Inhalte analoger Medien präsentieren sich kompakt, funktionieren ohne technischen Apparat und ohne elektrischen Strom.
  • ­Der Umfang der Information ist an einer äußeren Gestalt (Flyer, Heft oder Buch) erkennbar. Ein Druckwerk ist physisch präsenter, es „verschwindet nicht beim Ausschalten“.
  • Die wahrnehmbare Darstellungsfläche ist auf gedruckten Seiten größer, als auf Computerseiten.
  • Der Lese-Standpunkt ist physisch wahrnehmbar (siehe „Ein Lesetest“, weiter oben). Ein Nebeneinander der Informationen auf Blattfolgen bedient das periphere Sehen.
  • Die Aufmerksamkeit ist stärker, Lesen auf Papier unterstützt die Konzentration (siehe „Ein Lesetest“, weiter oben).

Nachteile analoger Medien (Print)

  • Aufwand und Kosten der (Re)-Produktion sind im allgemeinen höher, als im digitalen Bereich. Relativierend wirkt sich allerdings der Preisverfall durch Onlinedruckereien aus. Zudem ermöglicht der Digitaldruck kleinste, billige und sogar personalisierte Auflagen.
  • Der Aufwand der Verteilung ist extrem höher, als im Onlinebereich. Das Publizieren von Büchern, Zeitschriften und Magazinen ist ohne Verlagsapparat nicht möglich. Auch bei kleineren Drucksachen ist nur die (postalische) Zustellung oder Direktverteilung möglich.
  • Drucksachen erfordern einen Redaktionsschluss. Darunter leidet die (Tages)Aktualität.
  • Der Zugriff auf gedruckte Medien ist langsamer, als am Bildschirm. Blättern erfordert Zeit. Das Auffinden gezielter Informationen ist verglichen mit der Onlinesuche und dem Folgen von Hyperlinks extrem langsamer und oder gar nicht möglich.

Fazit: Eine hohe Informationsdichte sollte im Bereich werblicher Printkommunikation vermieden werden. Die tiefgründige Recherche bedient man besser mit Onlinemedien, die kurzfristig editierbar und im Umfang nicht eingeschränkt sind.

Beispiel: Das DB-Kursbuch, ein Kompendium für Informationsfreaks und für Normalanwender ein Buch mit sieben Siegeln, wurde (erst) 2009 endgültig abgeschafft, da Apps und Websites deutlich komfortabler sind und aktuellste Informationen einbeziehen können.

Digitale Medien (Web)

Wie angedeutet, haben digitale Medien in Summe die meisten Vorteile auf ihrer Seite. Sie sind im Angebot der Informationen unbeschränkt, vernetzt und – wenn sie gut gemacht sind – komfortabel zu bedienen.

Foto Josefa nDiaz

Vorteile digitaler Medien

  • Die Datenbankstruktur verschafft den schnellen Zugriff (durch Hypertexte).
  • Datenerfassung und -verteilung erfolgen automatisiert.
  • Eine Sortierung und Filterung ist nach Bedarf intuitiv möglich. Der Weg zur tiefgründigen Information ist leicht und wird durch weiterklicken nicht bewusst wahrgenommen.
  • Die Verwaltung von Inhalten ist hoch effizient.
  • Die Ordnung komplexer Strukturen kann in den „unsichtbaren“ Hintergrund verlagert werden.
  • Informationen können nicht nur aufgenommen, sondern auch ausgetauscht werden. Je nach dem, können Informationsangebote interaktiv bedient oder kommentiert werden.

Nachteile digitaler Medien

  • Der aktueller Lese-Standpunkt (Wo bin ich?) ist nur über ein Hinweissystem erkennbar (Menü, Register, etc).
  • Die Zergliederung von Information (Bulletpoints, Akkordeontexte) kann schlecht erinnert werden.
  • Das periphere Sehen wird schnell durch Ablenkung überlagert.
  • Ohne Gerätschaften, ohne technische Infrastruktur, ohne Strom ist die Information unzugänglich.

Fazit: Ein digitales Medium kann ein Vielfaches an Inhalten nacheinander darstellen, kaum aber nebeneinander. Der Nachteil liegt in der weniger greifbaren Darstellung. Es fehlt der Tastsinn. Bei sehr umfangreichen, zusammenhängenden Informationen ist darum die Papierform besser konsumierbar. Die Vielfalt der Abzweigungsmöglichkeiten macht es notwendig, Informationen in digitalen Medien noch akkurater aufzuräumen. Die Gliederung des Contents in Ebenen muss absolut anschaulich sein. Was im Prospekt oder Buch als räumliche Ordnung mit den Händen greifbar ist, muss am Monitor rein visuell zu verarbeiten sein.

Anmerkung: Es gibt zunehmend mehr Menschen, die nicht gerne lesen. Damit sind nicht Lese-unkundige oder -ungeübte gemeint, sondern „Lesefaule“, die aus trotziger Gewohnheit heraus, möglichst viele Texte überspringen. Hier ist der bildhafte Einstieg wichtig, der Hingucker, denn wer „sein Thema“ gefunden hat, will in der Regel mehr wissen und zum Lesen „verführt“ werden.

Kommunikation und Design online

Mit dem Internet kamen die IT-Fachleute ins Team und brachten ihre Ansichten über die Darstellung von Inhalten ein. Websites zeigten anfangs das vollgesteckte Layout von Nachrichtenredaktionen. Die Sorge, im Ausschnittfenster des Monitorbildes das Wichtigste vergessen zu haben, machte ästhetisches Layouten nahezu unmöglich. Andererseits versuchte man durch eine gewisse Plastizität der Bedienelemente eine intuitive Handhabung zu erleichtern, den Mangel an Haptik zu kompensieren. Weißräume und differenzierte Typografie am Monitor schienen aber aus „Vernunftgründen“ undenkbar, …

Foto: AdobeStock

… solange, bis es designaffine Unternehmen vormachten und wieder zu einem besseren Darstellungsniveau beitrugen.

Objektiv ist zu beobachten, dass gute Websites in den letzten 5 Jahren dem klassischen Grafik-Design immer ähnlicher werden. Was nicht bedeutet, dass Websites genauso (leicht) zu gestalten wären, wie Prospekte. Von außen sollten sich die beiden Welten ja auch nicht unterscheiden, aber unter der Oberfläche sehen die Bedingungen anders aus.

Eine dieser Bedingungen ist das Lesen in der Vertikalen – fast ein Rückgriff auf antike Schriftrollen. Dem zum Trotz hört man immer wieder den Wunsch, dass möglichst nicht gescrollt werden muss. Als wäre das ein Hemmnis. Dabei ist das Scrollen auf einer Website oder ein Wischen auf dem Smartphone ein ganz natürlicher Reflex der Neugier, durchaus vergleichbar mit dem spontanen Blättern von Papierseiten.

Unbestreitbar haben digitale Medien ein Vielfaches an Sinnesreizen und Unterhaltungswert zu bieten. Genau das kann zum Problem werden, wenn es um die Vermittlung von Bildung geht. Viele beobachten ein Nachlassen der Ausdauerbereitschaft und Konzentration, verursacht durch die bunte Tablet- und Smartphone-Methodik mit ihren schnellen Belohnungseffekten. Und sehen die Lesekompetenz in Gefahr. Digitale Medien stehen aus dieser Sicht viel stärker in der Kritik, als die „harmlosen“ analogen. Jedoch galt zu Beginn auch der Buchdruck den Eliten als Teufelswerk. Und Comics stehen immer noch im Verdacht, die Menschheit zu verblöden. Die Sorge vor den Einfluss digitaler Medien beweist aber vor allem, wie wirkmächtig sie auch für die eigenen Belange sein können. Im Bildungsbereich haben sie grundsätzlich eine verantwortungsvollere Rolle auszufüllen.

Verzahnung Print-Online

Dass Unternehmen auf allen zur Verfügung stehenden Kanälen senden möchten ist klar, aber auch immer eine Frage des Budgets, der personellen Ressourcen und damit der Koordination. In Form und Inhalt sollten beide Kanäle synchron laufen. Klingt nach Binsenweisheit, wird aber selten sauber umgesetzt. Bei genauer Überprüfung stellt man häufig fest, dass beide Kanäle ihr Eigenleben führen.

Foto: AdobeStock

Eine gemeinsame Verabredung über Designstruktur und Wording spart enorm viel Zeit, sowohl in der Erarbeitung neuer Inhalte, als auch bei der Umsetzung. Redaktionell ist bei beiden Kanälen das Prinzip der Vereinfachung wichtig. Eine bewährte Kreativtechnik fragt: „Was kann ich weglassen, damit es noch funktioniert?“ Dieses Weniger-ist-mehr-Prinzip beruht auf der Erfahrung, dass Produkte und Sachverhalte leicht konsumierbar sein müssen, wenn die Kernbotschaft wahrgenommen werden soll.

  • Printmedien sollten sich aufs Wesentliche beschränken, redaktionelle Intervalle sehr groß sein,
  • die Inhalte auf Kernbotschaften fokussiert und imagebildend ausgelegt sein.
  • Digitale Medien sollten einen leicht konsumierbaren Einstieg bieten. („Teaser“ in Text und Bild → differenzierter Tiefgang in 2-3 Ebenen). Auch hier sollte das Layout in „Printqualität“ typografiert sein: UX-gerecht, journalistisch, einfach. Die redaktionellen Anpassungen erfolgen in hoher Frequenz.
  • Die Verzahnung Print-Online erhöht die Effizienz redaktioneller Arbeit, garantiert den „Datenabgleich“ und verstärkt das Gesamtsignal. Effekt: das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile.
  • Wording und Layout müssen aufeinander abgestimmt sein. Das visuelle Erscheinungsbild sollte demnach explizit dokumentiert und im Unternehmen kommuniziert werden.
  • Die Rollenverteilung und Gewichtung der Inhalte muss definiert sein.
  • Ein Medienstammbaum oder „Medienalgorithmus“ kann eine kurz gefasste Strategiegrundlage sein (Übersicht der Print- und Digitalmedien).

Einschätzung der Zielgruppe – Umfragen

Die Art und Weise, wie wir mit Herausforderungen der Digitalisierung umgehen, ist in hohem Maße abhängig vom Publikum, dessen Erwartungen und Gewohnheiten. Natürlich denkt ein Unternehmen an die eigenen Vorteile, die sich durch die Optimierung von Produktion, Organisation und Kommunikation ergeben. Speziell in der Kommunikation muss aber das Angebot an die Kundschaft kontinuierlich garantiert sein.

Foto Stephen Phillips

Das Publikum im Fokus

Ein Unternehmen sollte sein Publikum nicht mit einer radikalen Umstellung in Öffentlichkeitsarbeit und Werbung konfrontieren oder gar erziehen wollen. Stets gilt der Grundsatz: das Publikum muss bedient werden. Das mag im behördlichen Kontext manchmal anders gesehen werden, in der Privatwirtschaft ist der Kunde nach wie vor König.

Nichtsdestotrotz sind Veränderungen nötig und dazu sind verlässliche Hintergrundinformationen unentbehrlich. Die Meinung der Kundschaft muss dazu nicht nur erfragt, sondern nüchtern ausgedeutet werden, denn nicht alle Antworten sind ehrlich und plausibel.

Der einfachste Weg wäre, ein Umfrageinstitut damit zu beauftragen, eine Checkliste abzuarbeiten. Die meisten Unternehmen ziehen ihre Facts aber einfach aus dem geschäftlichen Umgang.

Kurze Wege zu Informationen

  • Direkter Dialog: Als Anbieter einer seriösen Dienstleistung, als Unternehmen mit Stil, ist im gegenseitigen Dialog sehr viel mit engagierter Kommunikation zu erreichen. Gezieltes Nachfragen, Gedankenaustausch und Umfragen sind wichtig und sinnvoll. Das passiert auf Messen, Konferenzen, am Telefon oder in Diskussionsrunden.
  • Erkenntnisgewinn durch eigene Umfragen – Beispiel Kunde A: Seit 2015 wird das Ferienprojekt eines Münchner Referats auch online vermarktet. Leicht ließ sich ins Bestellformular eine Checkbox einbauen, die auch den Bedarf am gedruckten Infoheft abfragte. Daraufhin konnte die Auflage um 30 % reduziert werden. Allerdings wurde auch klar, dass ein PDF allein nicht ausreichte.
  • Bestellverhalten online – Beispiel Kunde B: Die klarsten Werte erhalten wir für einen Hersteller von Innenausbausystemen, der seinerseits an weiterverarbeitende Betriebe und den Einzelhandel Printmedien zur Weitervermarktung anbietet. Flyer, Folder und Katalogen werden in steter Regelmäßigkeit bestellt. Daneben bemühen sich Außendienst und der telefonische Beratungsservice ständig um ein Feedback zum jährlich erscheinenden Hauptkatalog.

Fazit: Wer ausdauernd und klug fragt, bekommt brauchbare Antworten. Schon 20-30 Telefonate ergeben eine kleine Statistik. Dabei wird man immer wieder feststellen: Informationssuchende verhalten sich im statistischen Mittel nicht progressiv und technisch versiert, sondern reagieren konservativ auf die gegebene Angebotssituation.

Wie verlässlich ist Medienkompetenz?

Die Leute sind neugierig, aber auch schnell gelangweilt – und Medienkonzepte sind bestenfalls mittelfristig haltbar. Für kurze Zeit war beispielsweise das Präsentieren per PowerPoint interessant, jetzt sind viele genervt. Dabei beruht die Kritik an diesem hervorragenden Programm auf einem Missverständnis: Man stellt sich das alles zu einfach vor!

Foto John Schnobrich

Vielleicht suggeriert uns Microsoft auch, dass sich alles von selbst konzipiert, gestaltet und vorträgt. Aber gerade in der Performance zeigt sich die Überforderung, weil Know-How und technisches Interesse oft fehlen. Zuweilen wirkt es, als ob Vortragende ihren Text zum ersten mal am Stück lesen, wenn er projiziert wird.

Die Fehleinschätzung im Bereich moderne Medien besteht nach unserer Beobachtung oft in der Selbstüberschätzung. Das klingt pauschal, aber nur wenige können souverän mit Standardanwendungen wie Word, Excel oder PowerPoint umgehen. Die trotzige Einstellung, all das wäre selbsterklärend, ist falsch und weit verbreitet – unabhängig vom Alter.

Ein Beispiel: Wenn wir als Designbüro für Kunden eine PowerPoint-Präsentation einrichten, wird meist am Ende verlangt alle Animationen zu deaktivieren „weil das einen verrückt macht“. Wir setzen ppt-Features sehr differenziert ein, aber augenscheinlich wächst das vielen Vortragenden über den Kopf. So wäre es bedeutend einfacher, PDF-Seiten einzublenden. Dennoch hält man am PowerPoint-Standard fest: das Publikum im Halbdunkel schaltet dann erwartungsgemäß nach der ersten fünf Bulletpoints automatisch ab.

Fazit: „Gefühlte“ Medienkompetenz ist keine brauchbare Grundlage. Eine gewisse Skepsis gegenüber der realen Medienkompetenz schadet nicht.

Digital plus analog

Das Digitale verdrängt in vielen Bereichen das Analoge, ersetzt es aber nie vollständig. Umgekehrt ist in der Systemwelt des Digitalen wichtig, dass analoge Wahrnehmungsreize gut eingebaut werden. Das konventionelle Medium ist formal immer auch Vorlage für das Neue. Die Kritik zur Online-Usability bezieht sich meist auf Hinweise, die im gediegenem Grafik-Design selbstverständlich sind.

Foto Jason Goodman

Die wichtigste Regel ist die der Hierarchie und Ordnung. Information wird stets vermittelt über das Prinzip der Vereinfachung und einer stufenweisen Methodik zur weiteren Vertiefung. Das vertraute, journalistische Prinzip, in der Inhalte gut erfassbar zerlegt werden:

  • Headline, Subline, Teasertext (+ Foto)
  • Ausführlicher Artikel, Fazit (Zusammenfassung)

Im Übrigen ist die Entscheidung: Print oder Digital in der Werbung und Öffentlichkeitsarbeit entspannter zu sehen, als im Verlagswesen, denn in der Publizistik muss zwingend Geld verdient werden.

Andererseits: kein Infostand, kein Jugend- oder Bürgerzentrum, kein Behördeneingang, keine Messe, keine Touristeninfo ohne Flyer, Poster, Karten und Broschüren. Besucher_innen nehmen gerne im Vorbeigehen was mit und sind dankbar für eine unaufdringliche „Beratung-to-go“.

Schlussbemerkung

Die Angst vor der Digitalisierung ist prinzipiell unbegründet. Die Gefahr falscher, weil vorschneller Entscheidungen bleibt aber real. Viele Unternehmen fahren darum eine vorsichtige, mehrspurige Back-up-Strategie, um keine Brücken hinter sich abzubrechen. Die Kosten dafür sind angesichts der eingebrochenen Druckpreise gering und rechtfertigen keine Lücke in der Unternehmenskommunikation.

Ja oder Nein?

Analog oder digital, welcher Weg ist der richtige? Kann man das digitale Prinzip: ein oder aus, hopp oder topp, so einfach anwenden? Die Welt wird immer komplizierter, die Methoden vielfältiger, wir müssen stets rationalisieren und Prozesse wieder vereinfachen. Wie wir das medial begleiten, was wir ein- und ausschalten, was wir umleiten oder komplett abschalten ist allerdings planbar. Schwarz-weiß denken wäre falsch, ein intelligenter Algorithmus berücksichtigt die Zwischentöne.