zweitausendeins

Das Jahr 2001, eine magische Zahl, ist in meiner Jugend noch eine reine Science-Fiction-Nummer, unfassbar weit weg in der Zukunft angesiedelt – Kubricks Odyssee im Weltraum spielt also völlig hinter meinem Zeithorizont. Seltsam fühlt es sich an, als mich dieses Jahr tatsächlich einholt. Und just da geht also unsere erste Website online, mit einer Reminiszenz an den legendären Computer HAL* „… foolproof and incapable of error“.


*) Ein Motiv, das fast jeder kennt: HAL‘s Eye. Über die Deutung der Abkürzung H.A.L. gab es lange Zeit nur eine kryptografische Theorie. Per Cäsar-Verschiebung, also dem Verschieben der alphabetischen Ordnung (hier lediglich um eine Stelle) käme man ja auf das Kürzel IBM, den damaligen Industriegiganten der Datenverarbeitung. Allerdings erklärt Arthur C. Clarke, der Autor des Romans, seine Wortschöpfung lapidar mit „Heuristic ALgorithm“. Überhaupt, jeder dem der Film ein Rätsel ist, sollte einfach das Buch lesen. Nur so kommt man dahinter.

2001 – A Space Odyssey

Vor dem Kinofilm erreicht mich der Soundtrack, denn in der Mittelstufe haben wir einen coolen Musiklehrer. Vieles, was ich an musikalischem Quellwissen habe, geht auf seinen Unterricht zurück. Bei Lehrer L hören wir die Scores aktueller Filme (die alle zum Klassiker werden!), wobei er uns en passant die ernste Orchestermusik von Beethoven bis Strauss, mit „Doppel-S“ oder „S-Zett“ unterjubelt. Letztere sind dann mit dem „Zarathustra“ und „Donauwalzer“ die heimlichen Stars in Kubricks Weltraumepos. Erst später erfährt man, dass es sich hier um sogenannte „Temp-Tracks“ handelte, die lediglich der Auftragskomposition zum Vorbild dienen sollten. Aber Meister Kubrick mochte sich am Ende nicht davon trennen und so bleibt ein Wiener Walzer nachhaltig mit einem schwerelos driftenden Kugelschreiber in Verbindung.

2001: A Space Odyssey (1968).
Blue Danube sequence 02: Floating pen
Upload: Juan Uceda

2001 – Website Backup

Unsere erste Website wird nach dem damaligen Stand der Medientechnik aufs Modernste in Flash gebaut. Der Haken ist, dass die Wenigsten auf ihrem Rechner unsere Site abspielen können, schon gar nicht die PC-User. Das stört unsere Begeisterung erst mal nicht. Später wird Flash grundsätzlich zur Sicherheitslücke, Apple verweigerte sich diesem Format komplett und dann ist auch schon wieder alles vorbei mit der filmisch-dilettantischen Übeltäterei.



Screenrecording von Resten unserer ersten Website – ein paar Mausklicks für die Nostalgie.(Audiofile: AdobeStock)


Zu der Zeit entwickeln wir als gemeine Gebrauchsgrafiker regelrechte Regie-Ambitionen. Berauscht von den Möglichkeiten des bewegten Bildes, basteln wir etwas übermotiviert an unserer „Website-Story“. Wenn man damals geahnt hätte, wie lächerlich kurz die Zugriffe auf Websites sind, wie erbärmlich die Aufmerksamkeitsspanne des Publikums, hätte man sich die Lebenszeit anders vertrieben.

Nun ja, beim Festplattenaufräumen fällt mir das Back-up dieses Relikts wieder in die Hände und dann freut es mich doch.


2001 – Lux Aeterna

Diese Umsetzung des legendären Chorgesangs von György Ligeti gefällt mir sehr, vielleicht, weil sie unserer oben dargestellten Website so ähnlich ist ,-) Wenn man die Arbeitsoberfläche eines Musikprogramms kennt, ist die Timeline-Grafik an sich nichts Neues, aber in seiner minimalistischen Klarheit ist hier die Wahrnehmung von Raum und Zeit sozusagen selbsterklärend: Ein Moment fließt in den anderen, die Gegenwart ist ein dünner senkrechter Strich, durchströmt vom ewigen Licht.


Performed by Capella Amsterdam – edited by Bali Dániel


Warum mir dieses Werk so nahegeht? Was das Gefühlsleben betrifft, ist es am ehesten die Klangkunst, die, manchmal wohl zufällig, das formt oder abbildet, was man schwer begreifen kann, ob im Glück oder in der Trauer. Dann empfindet man eine tiefe Zufriedenheit, ohne sie völlig zu verstehen. Möglicherweise liegt es daran, dass Intellekt und Seele offenbar nicht dasselbe sind.